Auffahrt 2025 – Der letzte Schliff bei Gelati
- Tobias Schulthess

- 8. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Über Auffahrt zog es uns ins Trentino – mit dabei: motivierte Läufer:innen, abwechslungsreiche OL-Gelände und (fast) perfektes Wetter. Was als einfacher Footing-Start begann, entwickelte sich zu einem intensiven, abwechslungsreichen und manchmal auch überraschenden Trainingswochenende.
„Ich hole locker 10 Minuten auf Leander am Pass heraus“ – Gratian, kurz bevor er hinter einem Wohnwagen feststeckte.
Mi. 28.05. – Die Neudefinition eines Footings
„Ich hole locker 10 Minuten auf Leander am Pass heraus“, spottete Gratian in seinem Mini bei der Ausfahrt Landquart. Nur wenige Minuten später – gefangen hinter einem Wohnwagen auf dem Flüelapass – schwand diese Zuversicht jedoch schnell dahin… Da konnte auch kein KOM-Segment am Ofenpass mehr helfen. Angesagt waren 50 Minuten Footing – 9 km, scheint machbar, zumindest wenn man die Route zuhause auf einer flachen Karte zusammenstiefelt. Weniger vorhersehbar war allerdings der knietiefe Schnee, der sich auf 2500 m ü. M. hartnäckig in den Nordhängen festbeisst – da muss ich wohl doch noch etwas fleissiger in die Ferien fliegen. Nach knappen 75 Minuten Überlebensübung konnte es endlich ins warmersehnte Trentino weitergehen.
Do. 29.05. – Middleday
Wie in jedem guten OL-Training führte uns der Weg erst mal knapp 10 km eine enge Pflastersteinstrasse den Berg hoch. Nach dieser Schüttelmassage kamen wir mehr oder weniger verspannt oben an. Im Gelände wimmelte es nur so von riesig ausgeprägten Senken und Hügeln. Es war weniger die Herausforderung wohin, als vielmehr wie. So ausgeprägt das Relief war, so unscheinbar war die Postenmarkierung: Eine 10x10 cm grosse Holzplakette vermittelte eher das Gefühl von Geocaching als von richtigem OL. Über Mittag fanden wir zum Glück auch am steilen Berg ein Stück flache Wiese – was einige sehr glücklich machte.Am Nachmittag stand dann der zweite Middle auf dem Programm. Diesmal im Downhill-Format – zumindest bis es den Steilhang wieder hochging…
Nach diesem harten Trainingstag kam ein Gelati am See gerade recht! Dass alle in Höchstform sind, merkte man daran, dass selbst jetzt niemand eine Herausforderung für ein Fussballmatch ausschlug. Die Herausforderer: italienische Sternetalente, die vermutlich durch eine schmerzhafte Verletzung kurz vor ihrem Transfer zu Inter Mailand frühzeitig in den Ruhestand mussten. Es versprach, eine spannende Partie zu werden. Zugegeben, mit gefühlten 4x12 Metern Feldgrösse liess das Spiel nicht viel Raum für Bewegung. Das kam unseren Gegnern allerdings entgegen – sie kamen schon auf diesem kleinen Raum stark ins Schnaufen. Da half nur noch ein isotonisches Getränk, um Muskelkrämpfe zu vermeiden. Wie es sich gehört, wurde auf der imaginären weissen Linie fleissig das Out gepfiffen, sodass die Einwürfe (möglichst direkt aufs Tor) spektakuläre Situationen provozierten. Gegen Ende konnten wir uns knapp durchsetzen und die Partie erfolgreich beenden.
„Ich muss nicht schneller sein als der Bär, nur schneller als DU.“
Fr. 30.05. – Im Bärenwald
Weiss, Braun, Schwarz – diese drei Farben versprechen ein Hammer-OL-Gelände. Und wenn sich Elia mit Pink verwirklicht, ergibt das ein geniales Long-Training! Dass auch ein Bär Klasse bei der Wohnungssuche hat, wurde uns erst am Parkplatz bewusst, als die Strasse von einer Reihe „AREA ORSO“-Schilder umrandet war. Mit mulmigem Gefühl lässt sich allerdings nicht gut OL laufen. So sahen viele eine bessere Chance zu zweit als alleine – getreu dem Motto: „Ich muss nicht schneller sein als der Bär, nur schneller als DU.“ Doch mehr als Spuren auf der Optimalroute bekamen wir vom Bären nicht zu Gesicht.Grün – die Farbe des Nachmittags. Muss nicht sein...
Gelb und Rot war die Farbe von Elia’s Risotto, dass uns beim Znacht wieder aufbäppelte.

Sa. 31.05. – Sprintday
Double Sprintday und Double Longday – oder zweimal Long + Sprint? Diese Frage stellte sich am Frühstückstisch.Um sich für den Coppa Italia Sprint optimal vorzubereiten, verbrachten viele den Morgen mit einem Sprintblock im Dorf.Am Nachmittag fuhren wir ins wunderschöne Mezzano, um im historischen Dorfkern an der vierten Sprintetappe des Coppa Italia, die gleichzeitig ein Pre-JWOC-Event war, teilzunehmen. Auch das französische und das dänische Team liessen sich diese Gelegenheit nicht entgehen. Inklusive Running-Cam im Gelände konnten die Abläufe vor der kommenden JWOC nochmals verfeinert werden. Eine tricky Bahn führte uns dabei durch die engen Gassen von Mezzano – ein Lauf, bei dem präzise Ausführung gefragt war! David konnte sich bei den M20 im internationalen Startfeld durchsetzen. Leander wurde starker Sechster. Bei den W20 lieferten sich Kati Hotz und Seline ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wobei sich Erstgenannte knapp durchsetzen konnte. Um die Erfolge gebührend zu feiern, gab es zum Znacht richtig italienische Pizza!
Go hard or go home – einige gingen nach dem Wettkampf tatsächlich noch ins Longtraining.
So. 01.06. – Longday
Am Sonntag ging es früh raus. Ein langer Tag stand bevor: die dritte Langdistanzetappe des Coppa Italia auf dem Cereda-Pass. Diese war wiederum ein Pre-JWOC-Event – ein Kräftemessen mit vielen internationalen Läufern. Die W/M20 liefen dabei auf einer 1:15'000-Karte, wie es sich für eine taffe Langdistanz gehört. Bei den W20 gewann erneut die Aargauerin Kati Hotz. Seline konnte mit einem starken Lauf als Zweite aufs Podest laufen. Die Französin Gaudion Licie komplettierte das Podest. Bei den M20 hatte Gratian die stärksten Beine und gewann vor dem Neuseeländer Felix Hunt und der Bündner „Berggeiss“ Andri Gujan. Jan wurde starker Fünfter, und Kommentatorenliebling David lief auf Rang sechs. Bei den ME konnte ich (Tobias) als Dark Horse gegen die beiden Italiener Roberto Dallavalle und Francesco Mariani behaupten und mit der schnellsten Zeit ins Ziel laufen. Als hätten sie nicht genug, gingen einige am Nachmittag noch zum Longtraining – go hard or go home. Ich begnügte mich meinerseits mit einem kurzen Sprint durch das wunderschöne Dörfchen Borgo.
Mo. 02.06. – Longpass
Die Energiereserven sind leer – es wird Zeit, nach Hause zu gehen. Doch ein letztes Bijou haben wir uns für den Schluss aufgehoben: ein Downhill-Training im Penegal! Mit zwei Jahren Verspätung durften wir dieses endlich erleben.
„Doch die Bahn vom Zürikader ist ja ein Pipifax – viel zu kurz. Wenn man den Aufstieg zum Penegal schon in Angriff nimmt, dann soll es wenigstens eine anständige Bahn werden!“ – so oder so ähnlich muss es bei Leanders Vorbereitungen getönt haben.
Die Resultierende Bahn auf einer 1:10'000 Karte – das ergibt 7,5 km, ist doch anständig, oder? Im Gelände begannen jedoch schnell die Zweifel an der Echtheit dieses 1:10'000-Massstabs. Vielleicht war es auch eine 1:12'500 oder gar eine 1:15'000 – das weiss bis heute niemand so genau. Doch eines kann ich mit Sicherheit sagen: Auch auf dem Strich waren es definitiv keine 7,5 km.
Schön war es jedenfalls! Und so endet unser TL, wie es angefangen hat – mit der Neudefinition eines „easy Downhill-O“.



























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